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Eigenbedarfskündigung - Gerichte müssen Härtefall sorgfältig prüfen

Der Bundesgerichtshof (BGH) mahnt sorgfältige Sachverhaltsaufklärung bei der Härtefallprüfung im Falle einer Kündigung wegen Eigenbedarfs an. Bei Eigenbedarfskündigungen müssen Gerichte genau prüfen, ob im jeweiligen Einzelfall die Interessen des Mieters an der Fortsetzung des Mietverhältnisses diejenigen des Vermieters an dessen Beendigung überwiegen. Das geht aus zwei Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 22.05.2019  hervor.

Eigenbedarfskündigung - Alter, Mietdauer und Gesundheitszustand beim Härtefall

In einem der entschiedenen Fälle (Az. VIII ZR 180/18 ) widersprach die Mieterin einer Eigenbedarfskündigung aufgrund ihres Alters, einer langen Mietdauer und einer Demenzerkrankung, die sich durch einen Wohnungswechsel weiter verschlechtern würde. Das Landgericht hatte den Eigenbedarfsanspruch des Eigentümers zuvor bejaht. Der BGH hob dieses Urteil auf und forderte zu einer gründlicheren Prüfung der Härten auf. Grundsätzlich können sich auf die Härtefallregel Mieter berufen, die unter einem erzwungenen Ortswechsel unverhältnismäßig stark leiden müssten. Ein schon lange Zeit bestehendes Mietverhältnis und das fortgeschrittene Alter des Mieters können berücksichtigt werden, reichen erfahrungsgemäß aber als Begründung nicht aus. Anders kann es unter Umständen aussehen, wenn aufgrund einer chronischen Krankheit die Gesundheit des Mieters durch einen Auszug gefährdet wäre.

Kündigung wegen Eigenbedarfs - BGH schafft keine Bewertungsnormen

Der BGH betonte, es ließen sich keine allgemeinen Fallgruppen bilden, in denen generell die Interessen einer Partei überwiegen. Da sich Faktoren wie Erkrankungen, Alter und Verwurzelung mit der Umgebung bei verschiedenen Mietern unterschiedlich stark auswirken, verzichtete der Bundesgerichtshof darauf, hier Standards zu setzen. Stattdessen soll weiterhin eine Einzelfallprüfung erfolgen.

Eigenbedarf – ärztliches Attest allein ist kein Nachweis für vorliegenden Härtefall

Der für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat präzisierte auch (Az. VIII ZR 167/17 ) seine Rechtsprechung zu der Frage, wann ein Mieter nach einer ordentlichen Kündigung die Fortsetzung des Mietverhältnisses wegen unzumutbarer Härte verlangen kann: Als Nachweis für einen Härtefall reicht ein ärztliches Attest nicht aus. Zusätzlich muss das Gutachten eines Sachverständigen regelmäßig eingeholt werden. Dabei ist auch von Bedeutung, ob und inwiefern sich die gesundheitlichen Folgen eines Umzugs lindern lassen, zum Beispiel durch ärztliche und therapeutische Betreuung.

Matthias Dols, Rechtsanwalt
10629 Berlin
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